Das Bedingungslose Grundeinkommen sorgt für mehr soziale Gerechtigkeit – und macht nicht faul

Das Bedingungslose Grundeinkommen (kurz: BGE) ist kein Konzept, das erst kürzlich entstanden ist. Bereits 1516 findet sich der Gedanke eines Einkommens für jeden Bürger in dem Roman „Utopia“ von Thomas Morus (1478-1535). Über die Jahrhunderte hinweg wurde der Gedanke ausgefeilt, mit Beginn des 20. Jahrhunderts entstanden erste konkrete Konzepte. Der Ansatz bleibt immer gleich: Jeder Bürger soll einen festen Geldbetrag erhalten, ohne Bedingungen. Privates Vermögen, ob jemand arbeitet oder arbeitslos ist, spielt hierbei keine Rolle.

Mit dem Bedingungslosen Grundeinkommen gehe niemand mehr arbeiten – ein oft genutztes Argument der BGE-Gegner. Aber stimmt das wirklich? Und was sind die Vorteile des BGE?


Der Test in Finnland

In den Jahren 2017 und 2018 testete Finnland das BGE – als erstes europäisches Land. Die damalige finnische Regierung wollte testen, ob das BGE einen stärkeren Anreiz zur Arbeit bietet als das bisher bestehende System. 2000 zufällig ausgewählte, arbeitslose Testpersonen erhielten jeden Monat 560 €. Eine Summe, die ähnlich hoch wie bisherige Sozialleistungen war, allerdings vollkommen bedingungslos und ohne bürokratische Hürden. Die vorläufigen Ergebnisse klangen zunächst ernüchternd. Das BGE hatte keine Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Aber ist es nicht gut, wenn alles wie bisher bleibt?

Um die Frage des Arbeitswillens zu untersuchen, hätte der Versuch anders aufgebaut sein müssen. Denn nicht nur arbeitssuchende Menschen sollen das BGE erhalten, sondern jeder. In dem finnischen Versuch wurden allerdings mithilfe von Fragebögen auch andere Aspekte untersucht. Die Mehrheit der Testpersonen war zuversichtlich, innerhalb der nächsten 12 Monate eine Arbeitsstelle zu finden. Deutlich mehr als die Kontrollgruppe: Also jene Menschen, die kein BGE, sondern normale Sozialleistungen erhielten. Ganze 68,4 % waren der Meinung, es lohne sich mehr, ein Jobangebot anzunehmen, wenn man das BGE weiterhin erhält. [1]


Das BGE ist eine Bereicherung neben dem normalen Verdienst.

Menschen mit ohnehin niedrigem Einkommen erfahren durch das BGE mehr Wohlstand. Studierende oder Auszubildende müssen nicht noch zusätzliche Jobs annehmen, die ihre Ausbildungszeit verlängern können. Der bürokratische Aufwand und die Ausschlusskriterien, die beispielsweise das BAföG mit sich bringt, wären weg. Wir PIRATEN setzen uns außerdem für ein Bildungsgrundeinkommen ein. [2]

Doch nicht nur das. Einige Sozialleistungen, beispielsweise die Befreiung von der Rundfunkgebühr, könnten wegfallen. Mit dem BGE hätte jeder ein ausreichend hohes Einkommen, um sich diese Dinge leisten zu können. Man müsste sich nicht mehr mit dem damit verbundenen bürokratischen Aufwand auseinandersetzen.

Jede Art von Arbeit muss gewürdigt werden. Ehrenamtstätige und Elternteile, die zu Hause bei ihren Kindern bleiben, leisten ebenso Arbeit. Jedes Kind soll ein bedingungsloses Kindergrundeinkommen erhalten. [3] Künstler und Künstlerinnen jeglicher Art bereichern unsere Gesellschaft. Viele von ihnen können von ihrer Arbeit momentan nicht leben. [4]


Geht mit dem BGE nun keiner mehr arbeiten?

Bleiben wir beim finnischen Beispiel: 560 € reichen nicht, um die Lebenserhaltungskosten zu decken. Diese betragen allein in Deutschland rund 900 € im Monat. [5] Jeder muss weiterhin nebenher Geld verdienen. Die finnische Studie zeigt uns, dass die Bereitschaft dazu allerdings höher wird. Es kann natürlich sein, dass Einige ihr Arbeitspensum verringern, um sich in ihrer Freizeit verstärkt auf andere Dinge zu fokussieren.

Doch das ist nicht schlecht. Jeder Mensch soll frei entscheiden können, welche Tätigkeiten er ausübt, und sie nach Vorlieben und Neigungen auswählen. Kreative, Ehrenamtstätige und Andere sind ein Teil unserer Gesellschaft. Sie verdienen eine Grundsicherung, die es ihnen ermöglicht, auch diesen Tätigkeiten nachzugehen. Private Weiterbildung soll neben der Arbeit möglich gemacht werden, ob man sich nun im Beruf verbessern möchte oder etwas Neues lernen will.

Außerdem soll niemand mehr gezwungen sein, jede Arbeit anzunehmen, egal wie unpassend sie für einen selbst ist oder wie schlecht sie bezahlt wird. Mit dem BGE hat man bei Annahme einer solchen Arbeitsstelle mehr Geld trotz eventuell niedrigen Lohns. Dazu haben die Arbeitnehmer bessere Positionen bei Verhandlungen bezüglich der Bezahlung. Ein BGE kann zur Folge haben, dass die Lohnkosten für unangenehme Arbeiten steigen. [6] Das ist nur gerecht.

Der finnische Versuch hat gezeigt, dass die Idee des BGE Anklang findet. 65,2 % waren der Meinung, das BGE solle Teil des finnischen Sozialsystems werden. [1] Wir PIRATEN wollen eine Gesellschaft, in der jeder frei und selbstbestimmt leben kann. Das Bedingungslose Grundeinkommen ist ein Schritt in die richtige Richtung.

Für die Finanzierung des BGE gibt es mehrere vielversprechende Ideen. Unsere Sozialpiraten haben dafür das Konzept des Sozialstaates 3.0 entwickelt. Nachlesen könnt Ihr das gesamte Konzept hier: https://sozialpiraten.piratenpartei.de/2016/01/07/sozialstaat-3-0-versionsstand-1-4-2/

Ihr wollt mehr über unsere BGE-Arbeit erfahren?
Die AG BGE hat dazu Informationen auf ihrer Wiki-Seite (https://wiki.piratenpartei.de/AG_BGE) und die Sozialpiraten auf ihrem Blog (https://sozialpiraten.piratenpartei.de/).

Weiterführende Links und Quellen:
[1] vorläufige Testergebnisse: http://julkaisut.valtioneuvosto.fi/bitstream/handle/10024/161361/Report_The%20Basic%20Income%20Experiment%2020172018%20in%20Finland.pdf?sequence=1&isAllowed=y
[2] https://wiki.piratenpartei.de/Bundestagswahl_2017/Wahlprogramm#Bildungsgrundeinkommen
[3] https://wiki.piratenpartei.de/Bundestagswahl_2017/Wahlprogramm#Kindergrundsicherung
[4] https://www.bbk-berlin.de/con/bbk/upload/textarchiv18/IFSE_Studio-Berlin-III.pdf
[5] https://de.statista.com/themen/38/lebenshaltungskosten/
[6] https://www.helge-herget.de/Helge-fuer-BGE.html