Oh Wunder! Hacker greifen Daten ab und die, die Staatstrojaner fordern, wundern sich!

Nun ist es mal wieder passiert: Eine Hackerattacke auf Politiker und Promis hat private Daten abgesaugt und sie ins Internet gestellt. Die Aufregung ist groß! Nun beklagen diverse Politiker, dass unsere Demokratie angegriffen worden sei. So spricht Bundesjustizministerin Katarina Barley von einem „schwerwiegenden Angriff auf das Recht auf Privatsphäre und damit einen Grundpfeiler unserer Demokratie“. Ebenso der Fraktionsvorsitzende der Linkspartei, Dietmar Bartsch. Und die parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Britta Haßelmann, jammert: „Wir erleben einen erneuten, sehr ernstzunehmenden Versuch, unsere Demokratie zu destabilisieren“.

Wundern wir uns, dass sich nun viele wundern? Nein, wir wundern uns stattdessen, wie wenig selbstkritisch und hilflos manche Politiker reagieren. So fordert z.B. die SPD-Netzpolitikerin Saskia Esken gegenüber heise online auch eine „Plakatkampagne des Bundesinnenministeriums zur IT-Sicherheit“.

Wir wundern uns aber auch über die Grünen, die sich ja früher als die Partei der Grundrechte hervortun wollte. Zwar fordert der Grüne Fraktionsvize Konstantin von Notz löblicherweise unter anderem einen Verzicht auf den staatlichen Handel mit Sicherheitslücken, durchgehende Ende-zu-Ende-Verschlüsselungen und die Stärkung unabhängiger Aufsichtsstrukturen.

Aber leider arbeiten die Grünen in Hessen zusammen mit ihrem schwarzen Koalitionspartner genau am Gegenteil: sie wollen das Polizeigesetz verschärfen und einen Hessentrojaner einführen, also Schadsoftware heimlich auf den PC oder das Handy eines Nutzers spielen und dort alles mitschneiden und manipulieren. Dafür benötigt das hessische Schwarz-Grün Sicherheitslücken. Und wo beschaffen die Behörden sich die? Genau – durch Handel! Mit wem handelt man eigentlich, wenn man gerne eine Sicherheitslücke hätte, die die Hersteller selbst noch nicht kennen? Sind das nicht die gleichen Handelspartner, die auch Kriminellen Sicherheitslücken für Erpressungstrojaner verkaufen? Leider fehlt hier die Transparenz, wie diese Beschaffung vonstatten gehen soll, Stellungnahmen von CDU oder Grünen sucht man vergeblich.

Trojaner und offene Sicherheitslücken gefährden unser aller IT-Infrastruktur, denn natürlich sind die Behörden nicht die einzigen, die sie nutzen. Auch Kriminelle oder Geheimdienste anderer Staaten werden diese Sicherheitslücken finden, nutzen und weiterverkaufen.

Ein Beispiel für das, was passieren kann, hat der Trojaner „Wannacry“ gezeigt. Wannacry basiert auf einer Sicherheitslücke, die die NSA jahrelang für Infiltration genutzt hat und die dann in kriminelle Hände geraten ist. Im Mai 2017 startete ein großer Cyberangriff mit WannaCry, bei dem über 230.000 Computer in 150 Ländern infiziert und jeweils Lösegeldzahlungen verlangt wurden. Befallen wurden weltweit Krankenhäuser, Konzerne, Ministerien und auch unsere Deutsche Bahn.
Die hessische Landesregierung sorgt also selbst dafür, dass unser Internet unsicher und Datenabgriff möglich wird.

Eine gute Idee ist auch die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung. Aber schon melden sich „Verfassungsschützer“: Torsten Voß, Leiter des Hamburger Landesamtes, beklagt, dass der neue Mobilfunkstandard 5G generell Ende-zu-Ende-Verschlüsselung erlaubt und damit abhörsicher ist. „Natürlich würden das auch Extremisten und Terroristen für ihre Kommunikation ausnutzen“, so Voß. Die Aufgabe des Verfassungsschutzes sollte ja sein, unsere Verfassung und unsere Grundrechte zu schützen, also z.B. das Briefgeheimnis und die Unverletzlichkeit der Wohnung. Dies betrifft selbstverständlich auch das Internet. Aber Voß – wie auch andere Behörden und Politiker verschiedener Parteien – fordern stattdessen „technische Zugriffsmöglichkeiten“, sprich Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ) und Trojaner.

Der Spitzenkandidat der Piratenpartei zur Europawahl, Patrick Breyer, kommentiert: „Der grob fahrlässige Umgang diverser Politiker mit telefonischen und elektronischen Kontakten kann nicht nur hohe Funktionsträger erpressbar machen, sondern bringt auch ihr persönliches Umfeld und ihre Informanten in Gefahr“. Patrick versteht sich als Bürgerrechtler und langjähriger Freiheitskämpfer gegen Überwachungswahn. Er hat mehrere Verfassungsbeschwerden eingereicht und Überwachungsgesetze ins Visier genommen. Auch die PIRATEN in Hessen wollen den Hessentrojaner nicht hinnehmen und haben eine Verfassungsbeschwerde gegen die Neufassung des Schwarz-Grünen Polizeigesetzes eingereicht.

zum Weiterlesen:

https://www.cicero.de/innenpolitik/hackerangriff-politiker-piraten-sebastian-alscher-datenschutz-ueberwachung

http://www.patrick-breyer.de/

https://www.heise.de/newsticker/meldung/Gehackte-Daten-Politiker-beklagen-schweren-Angriff-auf-die-Demokratie-4265847.html

https://www.piratenpartei-hessen.de/blog/2018/10/19/piraten-erheben-verfassungsbeschwerde-gegen-hessentrojaner/

Beitragsbildêr: Annette Schaper-Herget
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